„Mach langsam heut ist Grundlage!“ oder „Im Winter machen wir viel Grundlagentraining.“ all das hört man doch oft oder liest es oder sagt es selbst. Aber was für Grundlagen denn eigentlich?
Heißt Grundlagen legen immer langsam und locker machen? Das gängige Verständnis von Grundlagen und Grundlagentraining in den Triathlon Trainingsgruppen dieser Welt ist in den meisten Fällen ein zu eingeschränktes.
Der Schlüssel zu einem sinnvollen Grundlagen Begriff ist, sich mit der Struktur von triathlonspezifischen Leistungsvoraussetzungen auseinander zu setzen.
Leistungsvoraussetzungen im Triathlon
Was macht einen Menschen zu einem guten Triathleten Nun denn, fangen wir mit dem frustrierenden Ende der Wurst an: Physiologie:
Ihr könnt wenig dran rütteln aber euer Körperbautyp ist die erste Leistungsvoraussetzung die ihr besitzt, die allerfundamentalste Grundlage, wenn man so will. Tendenziell ist der glubschäugige Mann in der Mitte wohl der verheißungsvollere Triathlet. Kandidat 1 wird wohl über gute Muskelkraftparameter verfügen aber läuferisch mit seinen kurzen Beinen und wuchtigem Oberkörper nicht glänzen können. Marsmensch Numero 3 wird mit seinem geringen Körpergewicht läuferisch eine gute Perspektive haben aber Probleme bekommen, auf dem Rad genug Druck aufs Pedal zu bringen.
Eins jedoch ist sicher: jeder von den drei Jungs kann der bessere Triathlet sein, wenn die anderen zwei nicht trainieren sondern nur Kartoffelchips essen und Fernsehen gucken.
Struktur von Leistungen
Jede Sportliche Leistung mit ihrem spezifischen Anforderungsprofil lässt sich in eine Struktur auflösen, wir sprechen von Fertigkeiten. Jeder Fertigkeit liegen Fähigkeiten zugrunde. Betrachten wir die Fertigkeit 10 Kilometer in 35 Minuten zu laufen, das ist schon ganz ordentlich. Wir gehen dabei logisch vor:
Die Beinmuskulatur des Läufers muss bei jedem Dehnungs-Verkürzungszyklus eine ausreichende Maximalkraft entfalten, damit das Bein und der Rest vom Körper überhaupt in der Lage sind, eine Bewegung zu vollführen, die man als Laufen bezeichnen kann.
Gehen wir weiter durch den Körper. Die Rumpfmuskulatur arbeitet mit einem Anteil ihrer Maximalkraft um den Oberkörper und besonders das Becken Stabil zu halten, damit die Beine ihre Arbeit verrichten können.
ABB Laufmuskulatur
Um die angestrebte Bewegungsfrequenz und benötigten Kraftimpulse insbesondere der Beinmuskulatur zu gewährleisten ist was von Nöten? -Nein nicht euer blödes Herzkreislaufsystem, von dem ihr Triathleten immer in einer Tour quatscht!
-Euer Nervensystem! Eure Muskeln werden über die Nervenenden der Motorneuronen aktiviert. Dieses System unterliegt wie alle anderen involvierten Systeme ebenfalls Ermüdungsprozessen. Bekanntestes Phänomen: Krämpfe.
Die Motorneuronen haben einen massiven Anteil an der Maximalkraft, die eine Muskelgruppe entfalten kann, denn erst wenn es dem Nervensystem gelingt, alle Motorischen Einheiten (Motorische -Einheit=Motorneuron mit den von ihm angesteuerten Muskelfasern), die in einer spezifischen Bewegung involviert sind maximal synchron zu enervieren, entsteht auch ein maximal großer Kraftimpuls (z.B. ein Laufschritt).
Folgen wir den Nervenbahnen. Im Stammhirn und im Bereich der oberen Halswirbelsäule werden sämtliche Teilbewegungen des Laufens „formuliert“ und miteinander Koordiniert. Hier haben wir es mit automatisierten Prozessen zu tun. Dennoch sind diese veränderbar also optimierbar und trainierbar.
Solltet ihr also über einen ineffizienten Laufstil verfügen hilft es meistens wenig, das Wie-Laufe-Ich-Am-Tollsten-Und-Schnellsten-Buch von Hermann S. Flitzefuß mit bunten Bildern anzugucken. Ihr seid zwar sicher in der Lage einzelne Aspekte eures Laufstils wahr zu nehmen und sicher auch zu modifizieren, tut man dieses aber nur im Rahmen des stets gleichbleienden, altbewerten Joggens im Park, kommt sehr selten eine stabile Änderung eures Laufstils zu Stande. Die Komplexität schlechter Laufstileigenschaften wird hierbei ignoriert und nicht differenziert genug betrachtet.
Angenommen, eure Hüfte neigt dazu nach hinten zu kippen. Ihr macht euren gewohnten 90 Minuten Lauf und sagt euch „Heute denke ich daran, die Hüfte nach vorne zu nehmen.“ 80% der Zeit, die ihr lauft, denkt ihr doch nicht daran oder spätestens wenn ihr erschöpft seid, kippt sie doch nach hinten. Im vorliegenden Beispiel wäre es weitaus sinnvoller, die Hüftstabilisierende Muskulatur durch Krafttraining zu stärken und ihre Innervation durch Sprungübungen, Sprints und Lauf-ABC zu fördern, allesamt Inhalte die außerhalb eines GA1-Laufs zu finden sind. Als positiver Effekt wird hierbei auch die letztendlich mit in der Gesamtbewegung verkettete Muskulatur mit einbezogen. Verfügt die Rumpfmuskulatur über die ausreichenden Leistungsvoraussetzungen wird der Saubere Laufstil zur Gewohnheit, ganz ohne (bewusste) Kopfarbeit.
Es empfielt sich unbedingt, die langen Laufeinheiten durch kurze Sprints und Steigerungsläufe zu unterbrechen und/oder eine kleine Techniknachbereitungen am Ende durchzuführen: Spints, Steigerungsläufe, Lauf-ABC-Basisübungen wie Anfersen, Kniehublauf, Wechselsprünge und Prellhopser, All das verhindert, dass ihr in einen ineffizienten Bewegungstrott hineingeratet.
Ihr müsst euch kaum Sorgen machen, dass euer Cardiovaskuläres-System zu sehr zurückbleibt, wenn ihr euch vom alten Trott verabschiedet. Intervall Bahntraining (selbst mit sehr kurzen Intervallen mit längeren Pausen), Pylometrische Übungen, Krafttraining und Konsorten werfen am Rande genug Ermüdungsresistenz und Herz-Kreislauf-Power ab um euch später in der Saison stundenlang durch die Landschaft zu bewegen.